Nobelpreis für die Zukunft?

Die Zeit stellt das Material Graphen vor:
„…Der 51-jährige Geim und der 35-jährige Novoselov zeigen mit ihrer Grundlagenforschung einmal mehr die beeindruckenden Fähigkeit von Kohlenstoff. Graphen ist die stärkste und dünnste Kohlenstoffverbindung überhaupt und hat einzigartige Eigenschaften: Es leitet Strom ebenso gut wie Kupfer und Wärme besser als alle bislang bekannten Materialien….
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„Wir wissen noch nicht, wofür man Graphen wirklich anwenden kann. Aber ich hoffe, dass es unser Leben genauso verändern kann wie Plastik“, sagte Andre Geim, kurz nachdem er von seiner Auszeichnung erfuhr. Es ist nicht nur das dünnste jemals hergestellte Material, es ist auch das festeste. Dabei leitet es elektrischen Strom genau so gut wie Kupfer. Und auch als Wärmeleiter schmeißt Graphen alle Konkurrenten aus dem Rennen.
Graphen ist annähernd transparent, aber undurchlässig für sämtliche Gase. Seine Atome sind so dicht gepackt, dass selbst Helium – das kleinste Gasatom – nicht hindurch passt.
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Graphen sind Matten aus Kohlenstoff, die nur ein Atom dick sind. In einem Millimeter Graphit, wie man ihn aus Bleistiften kennt, sind drei Millionen Schichten Graphen aufeinandergestapelt. Ihre Struktur ähnelt den Waben im Bienenstock, die wie in einem Maschendrahtzaun zweidimensional angeordnet sind.
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„Die elektronische Struktur von Graphen ist einmalig und wunderschön. Es ist 100-mal so kräftig wie Stahl“, sagte Per Delsing vom Nobelkomitee. Den beiden Forschern gelang es erstmals, das Material aus einem Stück Graphit zu isolieren, wie es auch in gewöhnlichen Bleistiften verwendet wird.
Die Entdeckung der beiden Wissenschaftler, die schon in den Niederlanden gemeinsam forschten, könnte unter anderem die Elektronik der Zukunft verändern. Graphen-Transistoren wären um ein Vielfaches schneller als ihre heute gängigen Kollegen aus Silizium. Als dünne Schicht könnte Graphen auf Bildschirme aufgetragen oder in Glasfaserkabel eingearbeitet werden. So würden schnellere Touchscreens, Leuchtmittel und vielleicht sogar effizientere Solarzellen entstehen.
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Graphen könnte die Grundlagenforschung der Physik revolutionieren. Die Elektronen im Graphen bewegen sich durch die Materie, als ob sie keine Masse hätten – bei einer gleichmäßigen Geschwindigkeit von einer Million Metern pro Sekunde. Sie verhalten sich ähnlich wie Lichtpartikel (Photonen).
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Aufgrund der Analogie zum Licht ist Graphen für Quantenphysiker interessant, da sie nun quantenmechanische Effekte in viel kleinerem Maßstab untersuchen können. Vieles ließ sich bisher nur theoretisch abhandeln, wie etwa der Tunneleffekt. Dieser beschreibt, wie Teilchen gelegentlich molekulare Barrieren überwinden. Die Elektronen im Graphen lassen sich von molekulare Hindernissen nicht aufhalten und sausen frei durchs Kohlenstoffnetz.
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http://www.zeit.de/wissen/2010-10/physiknobelpreis-2010